Warum Kuschelfeedback dich nicht weiterbringt – Elly’s Ocean
Früher riet man in Werbeagenturen und Texterstuben zum so genannten Putzfrauentest, auch „Hausfrauentest“ genannt. Wenn das übermüdete Kreativteam trotz stundenlangem Brüten noch immer keine schädelkrachende Idee gefunden hatte, rundherum die Stühle schon hochgestellt und die Lichter gelöscht waren, fanden sich unter den hilfsbereiten Putzleuten oder der Familie zuhause noch ein Paar Augen für den frischen Blick auf den Entwurf.
Auch wenn man den Test heute – Jahrzehnte nach seiner Erfindung – anders nennen würde, hat er dennoch nicht an seiner Wirksamkeit verloren. Nun haben die wenigsten Soloselbstständigen ein Putzteam, das im Homeoffice zu später Stunde feucht durchwischt. Deshalb müssen andere Fremdgucker her, die unverhohlen und ohne Beeinflussung eine Idee bewerten.
Und genau das schließt eigentlich aus, die Familie zuhause zu fragen, denn mal ehrlich: Würden sie es sagen, wenn es richtig schlecht wäre, was man ihnen mit vollem Enthusiasmus mit vor Arbeit dicken Augen und müdem Hirn vor die Nase hält?
Feedback braucht Ehrlichkeit und einen kühlen Kopf
Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sie etwas sagen (oder nicht sagen), was man ihnen danach übelnimmt – weil es nicht ehrlich, zu ehrlich oder nicht durchdacht ist. Nein, wir möchten den Liebsten nicht absprechen, dass sie ein absolut brauchbares, objektives Urteil abgeben könnten. Wer schon mal das Casting von „Deutschland sucht den Superstar“ gesehen hat, der weiß, wohin es führt, wenn man nur die Mama und die beste Freundin fragt, ob man singen kann.
Es muss also anders gehen, einen frischen Blick auf etwas zu bekommen. Hier ein paar Ideen:
- Schildere dein Thema jemandem, den du normalerweise nie fragen würdest. Ein Netzwerk wie „Frau mit Bizz“ ist ideal, um unbeteiligte Meinungen einzuholen.
- Gewöhne dir an, am Anfang jeder Lösungsphase ein stilles Brainstorming zu veranstalten, bei dem jede noch so alberne Idee dokumentiert wird. Du kannst darauf zurückkommen, wenn dein Prozess ins Stocken kommt.
- Gehe gedanklich spazieren. Schaue im Internet eine Dokumentation über den Himalaya oder die Sendung mit der Maus an, bevor du dich dann wieder offener deinem Thema zuwendest.
- Wechsle die Umgebung. Raus aus dem Büro, ab auf die Parkbank, zur Bushaltestelle, in die Tiefgarage oder ins Möbelhaus. Du hast ein Team? Suche dir ungewöhnliche Besprechungsorte. Wenn du Stift und Block mitnimmst, geht keine Idee verloren.
- Hör auf, dran zu arbeiten. Mach etwas komplett anders. Danach geht´s wieder frisch ans Werk.
- Finde einen Weg, um sachliches Feedback zu einer großen Anzahl von Ideen einzuholen, anstatt dich gleich von Beginn an einer Idee festzuklammern.
- Unser Favorit für die großen Fragen: Trommle eine heterogene Gruppe von Menschen in einem kurzen Workshop zusammen und lasse sie das Thema neu denken. Wirf deine Ideen und deren Ideen zusammen und schaut, was euch alle überzeugt.
Zu den Autorinnen
Als Team von Elly‘s Ocean konzipieren Barbara Stromberg und Helga Miegel Aufbruch–Workshops mit Prinzipien aus dem Design Thinking, Design Sprints und anderen bewährten Methoden, die schnell und effektiv ein heterogenes Team zu Lösungen, Strategien und Entscheidungen befähigen.
Helga Miegel ist Coach und Mentor für KMU und hilft ihnen, wenn der Veränderungsstau und wichtige Entscheidungen den Weg blockieren.
Barbara Stromberg hat in ihrem früheren Leben als freie Redakteurin in Tageszeitungen und Wirtschaftsmagazinen hunderte Unternehmen kennengelernt, denen es an Klarheit in ihrem Portfolio und einer Expertenspezialisierung fehlte. Heute hilft sie vor allem Soloselbstständigen, sich durch Texte als Experte zu zeigen.